25.10.2012
Freies Mandat vs. Fraktionsdisziplin: Wie verhalten sich österreichische Nationalratsabgeordnete?
1. Abweichen vom Klubzwang: Ablinger (SPÖ) stimmt gegen Fiskalpakt
Die SPÖ-Nationalrätin Sonja Ablinger stimmte gegen die von Josef Cap vorgegebene Klublinie, als sie bei der Abstimmung über den Vertrag zu Stabilität in der Wirtschafts- und Währungsunion („Fiskalpakt“) mit „Nein“ votierte. Ihr Wahlverhalten ist in unserem Untersuchungszeitraum die einzige Ausnahme vom Klubzwang. Ablinger begründete ihr Ausscheren gegen die Parteilinie inhaltlich: Der Fiskalpakt würge die europäische Konjunktur ab und sei die „falsche Therapie für die falsche Diagnose“. Ablingers SPÖ-Kollege Buchmayr hatte angekündigt, auch gegen den Fiskalpakt zu stimmen, schwenkte aber dann doch auf Klublinie um. Von den restlichen SPÖ-Abgeordneten, die vollständig anwesend waren, votierte auch jeder für den Fiskalpakt. Ablingers „Nein-Stimme“ wurde kontrovers diskutiert Während Nationalratspräsidentin Prammer davon sprach, dass „56 von 57 Abgeordneten bereit waren, Verantwortung zu übernehmen“, feierten Teile der Parteibasis Ablinger als „Heldin“.
2. Keine Klublinie: Freiheitliche sind uneins, Strache verlässt Plenarsaal
Als Beispiel für die Aufhebung des Klubzwangs kann die Abstimmung zum EU-Beitritt Kroatiens gesehen werden: Hier herrschte offenbar Uneinigkeit innerhalb der freiheitlichen Fraktion. SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grüne stimmten einheitlich für den EU-Beitritt, ebenso 24 Abgeordnete der FPÖ. Von dieser Linie wichen allerdings 5 freiheitliche Mandatare ab: Dagmar Belakowitsch-Jenewein Annemarie Kitzmüller, Werner Neubauer, Walter Rosenkranz und Harald Vilimsky Sie argumentierten ihr „Nein“ mit fehlenden Restitutionsmaßnahmen für Alt-Österreicher durch die kroatische Regierung. Parteichef Strache und sechs weitere FPÖ-Abgeordnete verließen den Plenarsaal und enthielten sich. Norbert Hofer (FPÖ) war offiziell entschuldigt.
3. Klubzwang par excellenze: Alle Abgeordneten stimmen nach Parteilinie
Die Abstimmung zum Parteienförderungs-Gesetz 2012 zeigt, wie geschlossen die Fraktionen in ihrer Entscheidung sein können. So stimmten SPÖ und ÖVP geschlossen mit „Ja“, lediglich vier Abgeordnete der Regierungsparteien fehlten bei der Abstimmung. Die Abgeordneten der Opposition votierten einheitlich mit „Nein“.