Transparenz

Politik wird von Menschen gemacht und diese Menschen haben eine Geschichte, eine Herkunft, eine Vergangenheit - und sie stehen in Verbindung mit anderen Menschen. Wir glauben, dass ein Schlüssel zum Verständnis politischer Vorgänge darin besteht zu verstehen, was die handelnden Personen antreibt, wofür sie brennen, wofür sie sich engagieren, mit wem sie zusammenarbeiten - und, womit sie ihr Geld verdienen. Transparente Politik beginnt daher bei transparenten PolitikerInnen. Und diese Art von Transparenz wollen wir helfen herzustellen.

Inhalt:

  • Was wir tun
  • Das österreichische Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz
    • Meldepflichtige Einkünfte
    • Einkommenskategorien ab 2022
    • Verhaltensregeln und Sanktionen
  • Beispiele für persönliche Transparenz von PolitikerInnen in Deutschland und dem UK
    • Deutschland
    • Vereinigtes Königreich
  • Vorschläge zur Verbesserung der persönlichen Transparenz in Österreich

Was wir tun

Die Transparenzplattform "Meine Abgeordneten" fasst alle öffentlich verfügbaren Informationen zu PolitikerInnen und SpitzenfunktionärInnen übersichtlich in Personen-Dossiers zusammen. Denn die "persönliche Transparenz“ von PolitikerInnen ist Voraussetzung dafür, dass Korruption sichtbar wird und – falls sie sich abzeichnet – verhindert bzw. bekämpft werden werden kann.

Sind die persönlichen Verhältnisse, Abhängigkeiten, Interessen und Mitgliedschaften in bzw. Nähe zu Interessenvertretungen und Netzwerken eines Politikers/einer Politikerin bekannt, lässt sich leichter beurteilen, ob seine/ihre Aussagen und Entscheidungen sachlich fundiert sind und dem Ganzen dienen oder eher den Interessen von Gruppen, Organisationen oder Einzelpersonen.

Zur Herstellung dieser größtmöglichen persönlichen Transparenz recherchiert die Redaktion von "Meine Abgeordneten" laufend in einer Vielzahl öffentlich verfügbarer Quellen und Datenbanken. Eine dieser Quellen sind jene Meldungen, zu denen die Abgeordneten aus Nationalrat, Bundesrat und Landtagen durch das "Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz" (Unv-Transparenz-G) verpflichtet sind. Wir geben im Folgenden einen Überblick über die diesbezüglichen Bestimmungen dieses Gesetzes, über die Situation in ausgewählten anderen Ländern sowie über Vorschläge zur Verbesserung.

Das österreichische Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz

Meldepflichtige Einkünfte

Die Mitglieder des National- und des Bundesrates sowie der Landtage müssen innerhalb eines Monats nach Antritt ihres Mandates bzw. nach Aufnahme folgende Tätigkeiten melden (übersichtlich zusammengefasst, für die genaue Beschreibung siehe § 6 Unv-Transparenz-G):

  • Leitende Funktionen in Firmen
  • Anstellungsverhältnisse sowie selbständige und freiberufliche Tätigkeiten
  • Politische Ämter, ausgenommen solche, die in unmittelbarer Verbindung mit dem Mandat stehen
  • Leitende Funktionen in Interessensvertretungen
  • Alle anderen Tätigkeiten, aus denen Vermögensvorteile erzielt werden (ausgenommen die Verwaltung des eigenen Vermögens)
  • Leitende ehrenamtliche Tätigkeiten

Einkünfte aus Mieten, Pensionen und persönlicher Vermögensverwaltung (z.B. Aktiengewinne) müssen nicht offengelegt werden, ebensowenig wie Besitz an Grund und Boden und von Unternehmensanteilen. Auch werden enge Familienmitglieder derzeit nicht in die Offenlegungspflichten einbezogen.

Einkommenskategorien ab 2022

Weiters müssen bis zum 30. Juni die durchschnittlichen monatlichen Bruttobezüge aus diesen Tätigkeiten für das jeweils vergangene Kalenderjahr gemeldet werden - allerdings nicht als genaue Zahl, sondern als Einkommenskategorie. Die zur Verfügung stehenden Kategorien sind ab 2022 folgende:

  • Kategorie 1 von € 1,- bis 1.150,-
  • Kategorie 2 von € 1.151,- bis 4.000,-
  • Kategorie 3 von € 4.001,- bis 8.000,-
  • Kategorie 4 von € 8.001,- bis 12.000,-
  • Kategorie 5 über € 12.000,-

Mitglieder von Bundes- und Landesregierungen sowie Klubobleute der Parlamentsklubs und NationalratspräsidentInnen dürfen neben ihrer politischen Arbeit keinen weiteren bezahlten Tätigkeiten nachgehen.

Sowohl die gemeldeten Tätigkeiten als auch die Einkommenskategorien werden vom Parlament bzw. dem zuständigen Landtag aufgrund von § 9 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (BezBegrBVG) als Listen veröffentlicht:

Transparenzliste Nationalrat

Transparenzliste Bundesrat

Die Listen mit den Angaben über die jeweils aktuelle Einkommenskategorie der Abgeordneten sind bei sieben Bundesländern als pdf Dateien unter (Unter-)Menüpunkten auf den Websites der Landtage zu finden. Auf den Websites der Landtage von Vorarlberg und dem Burgenland findet man die Angaben der einzelnen Abgeordneten zur Einkommenskategorie über deren persönliche Profile.

Verhaltensregeln und Sanktionen

In Ergänzung zu den rechtlichen Rahmenbedingungen veröffentlichte das Parlament im Jänner 2021 "Verhaltensregeln für Abgeordnete des Nationalrates und Mitglieder des Bundesrates". Diese bieten ParlamentarierInnen einen Überblick über die geltenden Bestimmungen, sind aber für sich genommen nicht rechtsverbindlich.

Für Verstöße gegen obige Melde- und Veröffentlichungsverpflichtungen sind im Gesetz keinerlei Sanktionen vorgesehen.

Andere europäischen Staaten – Beispiele siehe weiter unten – haben im Hinblick auf Transparenz von Politikerinnen und Politikern wesentlich umfassendere Gesetze als Österreich und Verstöße gegen diese Gesetze werden in diesen Ländern auch sanktioniert.

Beispiele für persönliche Transparenz von PolitikerInnen in Deutschland und dem UK

Wie ist die Situation bei unserem größten Nachbarn und in der ältesten Demokratie der Welt? Wir haben uns umgesehen.

Deutschland

Die Bestimmungen in Deutschland sind in den Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages festgeschrieben. Neben detaillierten Angaben zur Zulässigkeit bzw. zum Verbot der Annahme von Spenden enthalten sie Veröffentlichung- und Meldepflichten, die denen in Österreich nicht unähnlich sind. Allerdings bestehen in Deutschland in drei Bereichen deutlich schärfere Bestimmungen:

  1. Beteiligungen an Firmen sind meldepflichtig, wenn dadurch ein wesentlicher wirtschaftlicher Einfluss auf ein Unternehmen begründet wird.
  2. Die Einkommenskategorien bestehen aus 10 Stufen. Einkommen bis € 1.000,- pro Monat bzw. € 10.000 ,- pro Jahr sind zwar nicht meldepflichtig, dafür sind die höheren Kategorien deutlich detaillierter ausgeführt: So umfasst etwa Stufe 4 bereits Einkommen bis € 30.000,- pro Monat, die höchste Stufe gilt für monatliche Enkünfte über € 250.000,-. Dadurch kann besser beurteilt werden, wie hoch ein "hohes" Nebeneinkommen tatsächlich ist. Außerdem werden die Einkommensstufen in Deutschland nicht über alle Einkünfte hinweg addiert, sondern müssen für jede Tätigkeit getrennt ausgewiesen werden. Dies betrifft auch Angehörige Freier Berufe, die dadurch die Struktur ihrer Kunden offenlegen.
  3. Abgeordnete, die gegen die Meldepflichten verstoßen, haben mit Sanktionen zu rechnen. Diese beginnen bei der Veröffentlichung in einer Publikation des Parlaments und enden, in schweren Fällen, mit Geldbußen bis zur Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung.

Vereinigtes Königreich

Das UK Parliament hat vermutlich das umfangreichste Regelwerk (den "Code of Conduct"), zur Erfassung und Dokumentation der Tätigkeiten von Abgeordneten. Die Veröffentlichung der Tätigkeiten und Einkünfte erfolgt laufend im Register of Members' Financial Interests.

  1. Jeder auch noch so geringfügige Auftrag über £ 100,- muss gemeldet und einzeln veröffentlicht werden, zusammen mit der Beschreibung der Tätigkeit, dem Auftraggeber und der genauen Höhe der Remuneration. Ähnlich strenge Regeln gelten etwa für Spenden, Geschenke oder Reisekosten.
  2. Die Offenlegungspflichten gehen ebenfalls weit über das Niveau Deutschlands oder Österreichs hinaus. Erfasst werden beispielsweise auch Grundbesitz (abgesehen vom eigenen Wohnhaus), Aktienbesitz (bei mehr als 15 % einer Firma oder einem Wert von mehr als £ 70.000,-), die Anstellung von Familienmitgliedern oder Familienmitglieder, die Lobbying betreiben.
  3. Über die geschriebenen Regeln hinaus sind die Abgeordneten angehalten, jeden möglichen Interessenskonflikt zu dokumentieren und öffentlich zu machen - und auch jeden Interessenskonflikt, den jemand anderer vermuten könnte.
  4. Im Falle von Verstößen greift ein Umfangreiches Regelwerk zur Untersuchung und Aufarbeitung. Als Strafe kann ein Abgeordneter verpflichtet werden, sich schriftlich zu entschuldigen, bei schwerwiegenden Verstößen kann er auch sein Mandat und seine Remuneration zeitweise verlieren.

Vorschläge zur Verbesserung der persönlichen Transparenz in Österreich

Die obigen Beispiele zeigen, dass die österreichischen Regelungen zur Erfassung der finanziellen Interessen der Abgeordneten höchst lückenhaft sind. Daher fordern wir und andere NGOs seit Langem gesetzliche Veränderungen:

  • Veröffentlichung der Einkommensstufen pro Tätigkeit (also nicht aggregiert)
  • Erweiterung der Einkommensstufen, sodass ersichtlich ist, ob jemand € 12.000,- oder € 120.000,- im Monat erhält - zusätzlich zu seiner/ihrer bezahlten politischen Tätigkeit
  • Einbeziehung von Einkünften aus Mieten, Pensionen und persönlicher Vermögensverwaltung (z.B. Aktiengewinne) in die Offenlegungsverpflichtung
  • Verpflichtende Veröffentlichung von nennenswertem Besitz an Grund und Boden und von Unternehmensanteilen, auch von engen Familienmitgliedern
  • Veröffentlichung dieser Angaben in einem maschinenlesbaren und standardisierten Format, damit die Daten im Sinne von Open Government Data frei weiter verarbeitet werden können
  • Einführung von Strafbestimmungen und der verpflichtenden Veröffentlichung von Verstößen gegen die Melde- und Offenlegungspflichten

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