10.01.2020
Die Nachrücker (+innen)
Noch unter Kreisky war es nämlich üblich, dass Regierungsmitglieder ihre Mandate als Abgeordnete behielten. Kreisky selbst war durchgehend von 8. Juni 1956 bis 30. September 1983 Abgeordneter zum Nationalrat—und während dieser Zeit auch Staatssekretär, Außenminister und 13 Jahre lang Bundeskanzler.
In den 1980er Jahren setzte sich dann die Erkenntnis durch, dass man die Trennlinie zwischen Exekutive und Legislative vielleicht doch etwas schärfer ziehen sollte und es wurde bis heute usus, dass Regierungsmitglieder ihre Abgeordnetenmandate zurücklegen und die jeweils Nächstgereihten auf den Listen nachrücken. Beim Österreich-Konvent wurde 2004 sogar vorgeschlagen, ein Verbot von Abgeordnetenmandaten für Regierungsmitglieder einzuführen. Wie fast alle Reformvorschläge des Konvents wurde auch dieser nie umgesetzt.
Über den Nachrückern schwebt außerdem ein Damoklesschwert: Die Regierungsmitglieder haben nämlich—innerhalb der betreffenden Legislaturperiode—ein Rückkehrrecht auf ihre Mandate, für den Fall, dass sie ihrer Regierungsämter wieder verlustig gehen—zum Beispiel durch Enthebung, Rücktritt oder Mißtrauensantrag. Dann sind die sie wieder draussen.
Wer sind nun diese Abgeordneten?
ÖVP
- Irene Neumann-Hartberger ist Landwirtin und Funktionärin des niederösterreichischen Bauernbundes. Sie rückt für Sebastian Kurz nach.
- Mag.a Romana Deckenbacher, BEd ist Hauptschullehrerin, Funktionärin des Wiener ÖAAB und Gewerkschafterin in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Sie übernimmt das Mandat von Gernot Blümel.
- ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Rudolf Taschner ist Mathematiker und Quereinsteiger aus der letzten Legislaturperiode. Er rückt nun für Karl Nehammer nach.
- Mag. Peter Weidinger ist Unternehmer, Kommunalpolitiker in Villach sowie Funktionär des Kärntner ÖAAB und des Kärntner Wirtschaftsbundes. Er war ebenfalls schon in der letzten Legislaturperiode im Nationalrat und kommt für Elisabeth Köstinger ins Hohe Haus.
- Ing.in Mag.a Alexandra Tanda ist Geschäftsführerin des Roten Kreuzes in Innsbruck und parteilose Quereinsteigerin im ÖVP-Klub. Sie erhält das Mandat von Margarete Schramböck.
Grüne
- Heike Grebien ist Obmensch des Vereins Frauenvolksbegehrens 2.0 und war Sprecherin des Frauen*Volksbegehrens in der Steiermark. Sie folgt Werner Kogler nach.
- Mag.a Agnes Sirkka Prammer ist Rechtsanwältin in Linz, Gemeinderätin in Leonding und war Referentin im Büro von Landesrat Rudi Anschober. Sie rückt nun für Leonore Gewessler nach.
- Mag. Georg Bürstmayr ist Rechtsanwalt in Wien. Er kommt für Alma Zadić in den Nationalrat.
- Clemens Stammler ist Landwirt in Oberösterreich und Funktionär der Grünen Bäuerinnen und Bauern. Er folgt auf Stefan Kaineder, der seinerseits Rudi Anschober als Landesrat in Oberösterreich nachfolgt.
Bild: Gruppenfoto des Kabinett Kreisky I by Votava (SPÖ Presse und Kommunikation), CC BY-SA 2.0. Die meisten der Abgebildeten waren auch Abgeordnete und blieben es.