13.06.2017
Die EU auf Social Media.
Der Social Media Alltag der EuropäerInnen
Laut Eurostat, dem Statistikamt der EU, nutzten 2016 bereits mehr als die Hälfte aller EU-BürgerInnen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren das Internet, um an sozialen Netzwerken teilzunehmen. Eine Spezialausgabe der Umfragereihe Eurobarometer zum Thema Onlineplattformen spricht außerdem davon, dass sechs von zehn Internet-BenutzerInnen soziale Netzwerke mindestens einmal pro Woche verwenden.
Regelmäßige, systematische Erhebungen seitens der EU über die Verbreitung einzelner, konkreter Social Media Plattformen in den Mitgliedstaaten fehlen jedoch, und das ist schade. Sonst müsste nämlich auch in den Kommunikationsprofis der verschiedenen EU-Institutionen klar sein, dass sie ihre BürgerInnen vor allem auf Facebook treffen könnten.
Facebook ist mit 1,9 Mrd. aktiven NutzerInnen pro Monat (Monthly Active Users, MAUs) die mit Abstand beliebteste Plattform weltweit. 354 Mio MAUs kommen derzeit laut Unternehmensbericht aus Europa, Internetworldstats geht von 250 Mio im EU-Raum aus. Twitter meldete im Juni 2016 313 Mio MAUs – allerdings weltweit. Zahlen für Europa werden nicht publiziert. Twitter gilt als Nischenmedium und in Werbekreisen als irrelevant.
Die Hälfte aller Befragten gab in einer weltweiten Studie des Reuters Institute (darunter 17 EU-Mitgliedstaaten) an, aktuelle Meldungen mindestens einmal pro Woche aus sozialen Netzwerken zu beziehen, und bereits eine von zehn Personen nannte Social Media sogar als Hauptquelle. Die AutorInnen kommen zu den Schluss:
“Facebook is by far the most important network for finding, reading/watching,and sharing news.”
Die Social Media Kanäle der EU
Alle Institutionen und Agenturen sowie ein Großteil der entscheidenden Persönlichkeiten der Europäischen Union nutzen soziale Medien. Auf der offiziellen Webpräsenz der EU ist dafür seit 2015 eine eigene Suchmaschine als „one-stop shop for all EU social media accounts” eingerichtet. Führt man eine Komplettabfrage dieser Datenbank durch, so ergibt sich folgendes Bild:
Insgesamt spuckt das Social Media Verzeichnis der EU fast 1.000 Accounts aus. Entgegen jeder Logik, was die Verbreitung in der Bevölkerung betrifft, führt Twitter als Plattform die Liste mit satten 40 Prozent an während Facebook mit nur 28 Prozent mit großem Abstand erst an zweiter Stelle liegt. Youtube belegt mit nur mehr 10 Prozent Rang vier, die übrigen Accounts kommen allesamt nicht über 5 Prozent. Darunter finden sich auch Exoten wie das EU Parlament auf der News Aggregator Site Reddit Bei dem Musik-Streaming-Service Spotify veröffentlichte das EU Parlament wiederum 67 Playlists mit Titeln wie "EURO2016", "Friday the 13th: songs to turn your luck!" oder auch "Happy Data Protection Day, Europe!" Der Kanal scheint allerdings seit letztem Jahr nicht mehr befüllt zu werden.
Die Brussels Bubble auf Twitter
Der unverhältnismäßig starke Fokus auf Twitter fällt auf. Der Großteil der Tweets besteht aus Pressemitteilungen und Links zu offiziellen Hintergrund-Papieren, sowie deren Re-Tweets. Auf Diskussionen lässt man sich nicht ein. So wird Mitteilung auf Mitteilung auf der jeweiligen offiziellen Website des Rates, der Kommission, des Parlaments, der verschiedenen EU-Agenturen gepostet und Tweet auf Tweet in die Welt hinaus geschickt. Bedient wird damit die berühmte “Brussels Bubble”, also Interessengruppen, JournalistInnen, BloggerInnen, die eigenen Institutionen. Gespräche mit den BürgerInnen auf Augenhöhe finden hier nicht statt. Bemühungen in diese Richtung gibt es durchaus, wenn z.B. die Europäische Kommission mittels #haveyoursay die Bevölkerung zu Konsultationen über neue Rechtsetzungs-Vorhaben motivieren möchte oder wenn am Brüsseler Tag der offenen Tür (#EUopenday) das Social Media Team den Ratsaccount volksnah bespielt.
Soziale Medien der EU in Österreich
Kommunikation mit der Bevölkerung in den Mitgliedsländern gehört auch zu den Aufgaben der lokalen Büros. So unterhält das Europäische Parlament ein Informationsbüro in Wien und ist auf Facebook, Twitter, Instagram und Youtube vertreten. Die Vertretung der Europäischen Kommission befindet sich im selben Haus und betreibt Flickr, Facebook und Twitter Kanäle. Fast alle österreichischen EU-Abgeordneten sind mehr oder weniger intensiv in den sozialen Medien unterwegs. Nicht alle Accounts sind freilich über besagten „one-stop shop for all EU social media accounts” zu lokalisieren, aber das ist eine andere Geschichte.
Text, Infografik: Mag. Dr. Michaela Amort, MES
Photo: © European Union 2014 - European Parliament
Dieser Beitrag ist Teil einer Serie zum Schwerpunkt EU, bisher erschienen:
- Teamwork im Europäischen Parlament. Wie Abgeordnete ihre Büros besetzen.
- In eigener Sache: Kein Interview mit der österreichischen EU-Parlamentarierin Barbara Kappel.
- Die EU endlich als etwas Normales betrachten. EU-Abgeordnete Claudia Schmidt über Zukunft Gender und Autobahnmaut.
- Wenn neue Kontakte den Assistenten für den Abgeordneten halten. Angelika Mlinar über ihren Alltag als EU-Parlamentarierin.
- #EU60
- An einer Sozialunion bauen. Monika Vana über ihre Arbeit im Europäischen Parlament.
- Mehr und nicht weniger Europa. Die EU-Parlamentarierin Karoline Graswander-Hainz im Interview.
- Im Fokus: Österreichische Abgeordnete im EU Parlament.